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Busfahrt mit Leiche (afrikanische Beerdigung)

… falls jemand von Euch mal in die Situation kommt, von einem Afrikaner gefragt zu werden, ob er nicht ein paar Leute zur Beerdigung seiner Tochter fahren könnte, rate ich demjenigen an, genau nachzufragen. Sonst könnte es ihm so ergehen wie mir:

Heute morgen wurde ich so nebenher gefragt, ob ich einen unserer Angestellten und ein paar seiner Familienangehörigen mit dem Bus zu der Beerdigung seiner Tochter in ein Dorf nicht weit von hier fahren könnte. „Klar!“, hab ich gesagt. Schliesslich kenne ich Kali (ich war auch auf seiner Hochzeit), er ist ein feiner Kerl und wenn Kingfisher den Bus und das Benzin stellt, findet ich das gut.

Okay, ich war also zur verabredeten Zeit im Hotel, natürlich war sonst keiner da. Nach einer halben Stunde dann war Kali und zwei andere Angestellte da. Wir fuhren los. Ich dachte, wir sammeln die Verwandten ein, doch als ich an der Strasse halte, fragt mich Kali, ob ich denn nicht auf das Grundstück fahren will. Ich daraufhin, na die können doch hier einsteigen. daraufhin Alex (ein Angestellter): „also sollen wir den Körper hertragen?“  Da dämmerte es mir… „Äh, tschuldigung, fahren wir mit der Leiche?“ -„Yes!“ „Okay fine, then I think I will turn the van…“

Okay, ich also rückwärts in die Einfahrt rein, Klappe hinten auf. Es wird kurz überlegt wie herum man den Leichnam reinlegt und ob er unter die Sitzbänke passt und dann wird er auch schon geholt: in Tücher und eine Bastmatte eingewickelt, wird Kali’s Tochter (23 Jahre) in den Bus getragen. Wir anderen steigen ein und los geht die Fahrt, die sich auch als etwas weiter als gedacht herausstellt und mit einem ausgewaschenen Trampelpfad endet. Meine einzige Sorge zwischendurch:

„Was ist die angemessene Geschwindigkeit auf der Schotterstrasse mit einer Leiche  an Bord eines Minibusses???“

Nach einer knappen Stunde sind wir angekommen. Ich bin mitten im Nirgendwo und beschliesse nach dem Ausladen, einfach zu warten statt sofort wieder um zu kehren. Doch da ich mich nicht auf Warten und lange Strecke eingestellt hatte, habe ich weder Trinken noch Essen dabei. So sitze und döse ich durstig in der sengenden Mittagshitze (kein Schatten!) im Bus vor mich her. Nach etwa einer Stunde trifft schliesslich auch der Pastor aus Bukaya ein (mit dem wir eigentlich gemeinsam los gefahren waren), doch es sind noch nicht alle Menschen da… auch wenn mir das Geschrei der Frauen etwas anderes sagt.

Bei einer Beerdigung hier muss geschrieen werden. Je lauter man schreit und klagt, umso wichtiger und gut war der Mensch. Nun war Kali’s Tochter anscheinend geistig und/oder psychisch gestört (hier heisst alles „mentally disturbed“) und ich weiß nicht heraus zu hören, worüber geklagt wird, aber es ist ein merkwürdiges Gefühl.  am Haus war Keiner am weinen oder Klagen, auch nicht während der fahrt und kaum angekommen, lachen die Männer und die Frauen klagen…

Gut, langsam aber sicher werde ich etwas apathisch und döse weiter bis nach einiger Zeit 3 meiner Passagiere wieder auftauchen. Die Beerdigung hat weder richtig angefangen noch richtig aufgehört, aber sie haben ihren Teil gemacht und sind bereit, wieder zurück zu fahren. Gut. Da ich mich dieses Mal nicht fragen muss, was die angemessene Geschwindigkeit ist, brettere ich zurück, trinke ein kühles Alster und schmunzel über mich und den heutigen Tag…

„DiA“ (Das ist Afrika!)

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  1. hannemama
    9. August 2010 um 18:36

    Du wirst als Bestatterfahrer angeheuert und mein Liebster gab am Samstag sein Bestes als Trauerredner. Und da wir alle schon unsere Erfahrungen mit Tod und Sterben gemacht haben, könnten wir doch überlegen, ob wir nicht ein Bestattungsunternehmen aufmachen?
    Wie ich in Uganda erfuhr, werden Verstorbene manchmal auch im Teppich auf dem Fahrrad transportiert!

  2. 9. August 2010 um 18:49

    Und das Tollste habe ich erst in Nachhinein erfahren: ich war ohne Ersatzreifen unterwegs, den hatten sie schön vor meine Tür gestellt, aber nicht in die Aufhängung unterm Bus gefixt!!! Und normalerweise ist IMMER ein Ersatzreifen an Bord. Ich hatte kurz einen Gedanken daran verschwendet, als ich erfuhr, dass ich ne Leiche transportiere und es doch weiter als gedacht ist. Doch da eigentlich alle Autos immer einen Ersatzreifen haben, habe ich mich mit diesem Gedanken getröstet -ohne nach zu sehen. Das passiert mir auch nicht nochmal!
    Ich bei Hitze und mit Leiche im Norgendwo mit Platten steckenbleiben… das wär’s ja noch gewesen!

  3. 19. Juli 2011 um 13:04

    Wow. Das ist ja mal ne krasse Story, gut beschrieben.
    Männer lachen, Frauen klagen. Danke das du das weitergibst, als Deutsche… irgendwie nen unvorstellbares Synario.

    Ich denke du hast dich gut gemacht, beim Leichenbus fahren. Man, man…. zum Glück hielten die Reifen, stinkt ja auch bei der Hitze und ungekühlt… die Leiche….

    uiiii

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