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Posts Tagged ‘Menschenrechte’

das Drama um HIV lebt auch in Uganda

29. August 2012 Hinterlasse einen Kommentar

stop AIDSDieser Beitrag lag schon einige Zeit als Entwurf, doch schliesslich wird er nun veröffentlich. Ein Nachruf und ein Aufruf zugleich:

Als wir am Freitag (Mitte Juli 2012) aus Karamoja kamen, wurde ich mit der Nachricht empfangen, dass Beatrice wenige Stunden vorher an den Folgen von AIDS gestorben war. Beatrice war nicht nur eine sehr gute Angestellte im Kingfisher, sie war auch Freundin und vor allem eine Kindheitsfreundin von Chandia und Sarah. Doch selbst das ist noch nicht das ganze Drama…

Das Drama ist, dass Beatrice im Rahmen von Kingfisher vor über einem Jahr positiv getestet wurde (anonymer Service einer befreundeten Ärztin), sich aber nie für ein Programm angemeldet hat. Kingfisher unterstützt HIV-positive Angestellte. Zur Zeit sind 2 im Programm und es wird nach ihnen geschaut. KF stellt sicher, dass sie Medikamente bekommen, regelmässig ihren Status prüfen etc.

Doch Beatrice hat sich nicht gemeldet. Anfang des Jahres schliesslich wurde sie krank mit TB. Wir liessen sie einweisen, sorgten für Behandlung und erfuhren, dass sie HIV+ ist. KF drängte auf Medikamente und es wurde gesagt, sie bekäme welche. Wie sich später herausstellte, bekam sie nur Medikamente für TB.

Es werden in Uganda keine HIV-Medikamente „verplempert“, wenn man sich das denn sparen kann. (so sag ich das mal ganz böswillig, dennoch scheint es Fakt zu sein). Der CD4-Count bei ihr lag zum Schluss bereits unter 20 und dennoch bekam sie keine HIV-Medikamente (bei gesunden Menschen liegt die CD4-Anzahl mindestens bei 1000-1500 und nach WHO sollte mittlerweile bei nem Count von 350 mit antiretroviralen Medikamenten begonnen werden!). Nicht so bei Beatrice.

Sie starb an dem Tag als ich aus Karamoja nach Jinja kam. Ihr Vater ist Initiator und Vorsitzender einer Organisation für HIV-Kranke, ihre Mutter ist Oberschwester in einem Krankenhaus. Nun kann der Papa schön viele Gelder/Spenden mit dieser anrührenden Geschichte sammeln, doch Beatrice ist tot. Sie hinterlässt mehrere Kinder, der Jüngste ist noch nicht mal 3.

Die ganzen letzten Monate haben sich die Eltern in keinster Weise um Beatrice gekümmert. Es waren das Hotel, seine Direktoren und die Angestellten, die Essen gekocht, sie gepflegt und gewaschen haben. Von den Verwandten keine Spur.

HIV positiv woman

An HIV positive woman rests in her bed in Kampala, Uganda. Photograph: Marco Di Lauro/Getty Images

So ist Leben und Sterben in Afrika. Ich hätte früher nicht gedacht, dass HIV/AIDS in einem Land wie Uganda noch ein Tabu-Thema ist, doch genau das ist es. Mit einer Infektionsrate von 6-30% (je nach Gesellschaftsschicht) kann es sich dieses Land ganz bestimmt nicht leisten, so mit dieser Krankheit umzugehen!

Nur rund 55% der Erwachsenen, die eine Behandlung bräuchten, erhalten diese. In den letzten 5 Jahren hat sich etwa eine halbe Million Menschen im Land neu infiziert. Bei den Kindern sieht es noch schlimmer aus: nur etwa 26% erhalten die lebenswichtige ART (Quelle: IRIN) und jedes Jahr werden etwa 25.000 Kinder neu infiziert. Die Zahl der Superinfektionen (1,55/100)  ist höher als die der Neuinfektionen (1,15/100). Mehr als 800.000 Menschen sind bereits an den Folgen von AIDS in diesem Land gestorben.

Jedes Jahr werden Medikamente im Wert von hundertausenden von Dollar weggeschmissen, weil sie abgelaufen sind. Doch Beatrice bekam kein einziges dieser Medikamente, das ihr hätte helfen können, ihr Leben zu leben und ihre Kinder gross zu ziehen.

Wann wacht man hier endlich auf?

Uganda’s Anwälte protestieren gegen Staatsgewalt

Seit gut einem Monat wird in Uganda 2x/Woche demonstriert. Unter dem Motto „Walk to work“ lassen tausende Menschen Montags und Donnerstags Autos stehen und gehen zur Arbeit. Dies soll ein friedlicher Protest gegen die steigenden Benzin- und Lebensmittelpreise sein. Die derzeitige Inflationsrate liegt bei über 14% und steigt monatlich um 3%, für Gemüse und Obst liegt die Inflationsrate bei knapp 40 (!) %. Benzinpreise stiegen auf annähernd 1,20€/Liter, was enorm hoch ist, bedenkt man, dass der durchschnittliche Arbeiter ca 4€/Tag verdient…

Die Demostrationen wurden von Anfang an mit harter Gewalt seitens Polizei und Armee (!) niedergeschlagen. Hunderte von Mehr als 700 Verhaftungen, mehrere Tote (5-8, je nach Quelle)  (10) und über 500 unschuldige Verletzte sind die Bilanz zur Zeit. Die Polizei und Armee gehen mit Tränengas, Gummigeschossen, aber auch scharfer Munition gegen die Demonstranten vor, dabei wurde auch in Schulen und Krankenhäuser Tränengas geschossen. Der größte Oppositionelle, Besigye, der die Demostrationen angeschoben hat, wurde bereits viermal verhaftet, einmal angeschossen und hat sich nach wie vor nicht von Tränengasattacke erholt.
Monatgs und Donnerstag bricht hier i.A. die Kommunikation etwas zusammen und das Internet wird restriktiert, da die Kommunikation und Mobilisation via facebook, twitter und Handy unterbunden werden soll…

Händler schliessen an diesen Tage ihre Geschäfte und alles geht mit großen Einbussen im Geschäftsleben einher. Übers ganze Land gibt es verstärkt Polizeikontrollen. Das ist Uganda dieser Tage… -es lebe die „Demokratie“….

Aus diesem Grund hier ein link eines Artikel des „Daily Monitors“ und ein zitierter Artikel von Simone Schlindschwein (taz):

DEMONSTRATIONEN IN UGANDA

Auf der Straße gegen Museveni

Seit die Regierung in Uganda gewaltsam gegen Proteste der Opposition vorgeht, eskaliert die Lage. Nun protestieren Juristen gegen den „Missbrauch der Gerichte“.

VON SIMONE SCHLINDWEIN

Ugandas Anwälte protestieren

Protest ugandischer Rechtsanwälte am Mittwoch in Kampala.

Foto: ap/dapd

KAMPALA taz | In ihren schwarzen Roben marschieren Ugandas Juristen durch die Innenstadt von Kampala zum Hohen Gericht, einem schmucken Kolonialgebäude. „Wir trauern um den Rechtsstaat“, erklärt Bruce Kyerere, der Vorsitzende des Juristenverbandes.

Polizei und Militär hätten während der Proteste der vergangenen zwei Wochen „die Menschenrechte fundamental verletzt“. Die Regierung versuche, die Medienfreiheit einzuschränken, sie habe „Gerichte missbraucht, um ihre politischen Probleme zu lösen“ sowie „unrechtmäßig und unverhältnismäßige Gewalt gegen die Bürger eingesetzt“. Schließlich beschuldigt er Präsident Yoweri Museveni der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.

Das sind mutige Worte gegen Museveni, der das Land seit 25 Jahren regiert. Erst im Februar ist er mit 69 Prozent wiedergewählt worden. Nächste Woche leistet sich der bankrotte Staat eine Millionen Dollar teure Inaugurationsfeier, Dutzende Staatschefs sind geladen. Dass das sonst so friedliche und relativ prosperierende Land nun von Unruhen erschüttert wird, passt Museveni also gar nicht in den Kram. Deswegen ließ er Proteste brutal niedergeschlagen. Insgesamt zehn Menschen starben landesweit im Kugelhagel, darunter ein zweijähriges Kind. Hunderte mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Rund 700 Demonstranten wurden festgenommen, darunter die Spitzenkandidaten der Opposition.

Ein loses Bündnis der Oppositionsparteien hatte unter dem Motto „walk to work“ (Lauf zur Arbeit) zu Protestmärschen gegen hohe Benzin- und Lebensmittelpreise aufgerufen. Oppositionsführer Kizza Besigye wurde bei seinem Marsch zur Arbeit viermal festgenommen. Stets kam er auf Kaution wieder frei und marschierte am nächsten Tag wieder los.

Vergangene Woche allerdings stoppten ihn Polizisten sowie Männer in Zivil auf dem Weg zur Bank, schlugen mit einem Hammer und dem Kolben einer Pistole die Scheibe seines Autos ein und sprühten Pfefferspray in den Wagen. Besigye wurde so sehr eingedampft, dass er in ein Krankenhaus ins Nachbarland Kenia ausgeflogen werden musste. Daraufhin randalierten Jugendliche, errichteten Straßenblockaden und warfen Steine auf Polizei und Militär, die ihrerseits die Proteste brutal niederschlugen.

Seither eskaliert die Lage, und die Regierung reagiert immer nervöser. Bezirksvorsteher drohen Nichtregierungsorganisationen, ihnen die Lizenzen zu entziehen, wenn sie sich den Protesten anschließen. Regierungsvertreter warnen unabhängige Medien vor „einseitiger Berichterstattung“. Der Innenminister bezichtigt Reporter, mit der „Opposition ins Bett zu gehen“. Internationale Journalisten wurden am Sonntagabend ins Pressezentrum des Präsidenten einbestellt: „Negative Berichterstattung schadet dem Investitionsklima“, so die Kritik. All diese Drohgebärden verbreiteten sich rasch via Facebook und Twitter – und alarmierten die Juristen.

Uganda: Zensur und Gewalt

22. April 2011 1 Kommentar

Das sind die Reaktionen der Regierung auf kritisch steigende Lebenshaltungs- und Benzinkosten und die Reaktion der Bürger darauf.

Seit gut 2 Wochen sind die Menschen unter dem Motto „walk to work“ aufgerufen Montags und Donnerstags zur Arbeit zu gehen und keine Boda-Bodas, Autos oder Matatus zu nutzen. Erste große Proteste gingen von den Boda-Boda-Fahrern aus. Quer über das ganze Land endete das in blutigen und brutalen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Hunderte Verhaftungen, verletzte und auch Tote, darunter auch viele führende Politiker, Parteivorsitzende etc. So ist FDC-Parteivorsitzender (und größter Gegner Musevenis) Besigye, bereits 3 mal verhaftet worden und auch Mao von der DC wurde festgenommen als er zu Fuss zur Arbeit ging.

Der Preis für Diesel stieg phasenweise auf fast 1,50€ /Liter. Wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Ugander vielleicht 5€/Tag verdient sind das horrende Summen. Manche Lebensmittel haben eine Inflationsrate von 60%, die durchschnittliche Inflationsrate liegt zur Zeit bei über 11%! Der Uganda Shilling verlor gute 15% im letzten Jahr.

All das sind in so einem Land wie hier kritische Zahlen und Fakten. Da die Proteste gut einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen losgingen, wird von der Regierung ein Sturz befürchtet, daher auch die massiven Massnahmen von Militär, Schusswaffen und Tränengas gegen die eigene Bevölkerung. Die Angst geht soweit, dass zur Zeit phasenweise das Internet streng kontrolliert wird, so wurde diese Woche Facebook und Twitter geblockt, das sind zumindest die Seiten, die seitens der Internet-Provider bestätigt wurden.

Nur zur Information: Uganda beschreibt sich selbst als eine Demokratie, was in diesem Zusammenhang etwas lachhaft wirkt…

Es ist nicht neu, dass dieses Land und seine Bewohner weit weniger frei sind als es sein sollte, letztes Jahr gab es große Unruhen um den Beschluss, dass Journalisten ausgewiesen werden können, wenn sie „gegen“ die Regierung propagieren, sprich sie wurden mundtot gemacht. Auch ist die Diskussion der Todesstrafe für Homosexuelle immer noch nicht endgültig vom Tisch, sie wird regelmässig von extremen Evangelikalen angefacht….

Ja, Uganda, das Land in dem ich lebe sieht zur Zeit etwas aufregenden Zeiten entgegen. Für mich fast „komisch“ ist, dass ich im allgemein als gefährlichsten Landstrich beschriebenen teil des Landes lebe (Karamoja) und wir dort von all diesen Dingen nichts spüren. Ja, wir haben Überfälle und Schiessereien, aber ich muss nicht befürchten, in einen wilden Mob zu geraten, nur weil ich montags einkaufen gehe… wobei, da die Tage bekannt sind, sind auch die Supermärkte und Geschäfte an diesen Tagen geschlossen, die Menschen gehen auf Nummer sicher…

Das war’s für heute. Ist keine Osternachricht (die kommt vielleicht noch) aber es ist aus aktuellem Anlass mir eben doch wichtig. Hier noch ein Video-Link zum Abschluss:

Kategorien:afrika, echt ernst, info, Uganda Schlagwörter: , ,

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17. September 2010 Um die Kommentare zu sehen, musst du dein Passwort eingeben.

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backlink von „alivenkickn“ zu HIV

2. September 2010 Hinterlasse einen Kommentar

Manch einer mag ja genervt sein, dass HIV/AIDS gerade so oft hier erscheint, aber es ist so verdammt wichtig das Thema heutzutage! Einen Satz möchte ich nochmal wiederholen:

Rund die Hälfte aller HIV-Neuinfektionen in Deutschland (bei rund 3000 Neuifektionen sind das 1500 Menschen), stecken sich bei jemandem an, der selber gar nicht weiß, dass er/sie HIV+ ist!

Hier ein Teil aus einem Post, wer mehr lesen will schaue hier bei alivenkickn nach:

Wir haben es mit Sex zwischen zwei erwachsenen Menschen zu tun, die offenbar nicht viel vom andern wissen, geschweige denn dessen HIV-Status. Jeder von beiden hat also auf Schutz zu bestehen. Wenn der Partner nicht auf einem Kondom besteht, wieso nimmt man an, dass der/die PartnerIn frei von einer sexuell übertragbaren Krankheit, frei von HIV ist? Jeder weiß, HIV sieht man niemandem an. Das gilt für beide. Und weil gleiches für beide gilt, gibt es keine einseitige Schuldzuweisungen. Warum verzichtet man auf ein Kondom? Wieso gibt man die wichtigste Verantwortung im Leben, nämlich die Verantwortung für das eigene Leben, die eigene Gesundheit an jemanden anderen ab? So etwas gibt man nicht ab! Nicht das Wichtigste. Dies ist die Botschaft um die es geht. Jeder ist für seine eigene Gesundheit bis auf ein Restrisiko auf dass man weder einen Einfluss noch Macht hat (Unfall, Naturkatastrophe) selbst verantwortlich.

* * *

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, heisst es im Allgemeinen, im Falle eines positiven HIV-Antikörperstatus jedoch ist es genau anders herum. Die Botschaft, die aus diesem Urteil hervorgeht lautet: Lasse Dich nicht testen, denn wenn du positiv getestet wirst, hast du die Arschkarte gezogen, moralisch, wie juristisch. Wer sich dahingegen – trotz erheblicher Risiken – nicht testen lässt, kann sich bei Weitergabe der HIV-Infektion auf seine/ihre Unwissenheit berufen, eine in jeder Hinsicht ungesunde und traurige Realität. Das ist der eigentliche Skandal nicht nur an diesem Urteil, sondern an der gesamten rechtlichen Situation der Menschen mit HIV/Aids in Deutschland. Wenn das die Reaktion auf unsafen Sex ist, dann möchte ich einmal wissen, mit welcher Strafe jemand belegt wird, der mit einer echten Virusinfluenza in einen Bus niest…. Quelle

Benaissa+ Privatsache oder Prangerei?

27. August 2010 Hinterlasse einen Kommentar

Ich habe von dem Prozess um Nadja Benaissa ja nur am Rande etwas mit bekommen, aber es macht mich zutiefst betroffen! was wurde hier ein Medienspektakel auf den Rücken einer jungen Frau ausgetragen. ich weiß nicht, man könnte sich fast schämen oder das Kotzen kriegen ob der Sensationsgier der Menschen und Medien.

Nadja Benaissa ist HIV-positiv und hat -laut Gericht erwiesenermassen- einen Sexualpartner mit dem Virus infiziert. Sorry. Das ist traurig, heftig. HIV/AIDS ist schlimm, keine Frage und es bedarf Verantwortung, auch keine Frage. Doch die Verantwortung liegt jawohl auf beiden Seiten. Sie infach auf den positiven Partner abzuwälzen finde ich falsch.

Was ich weiterhin krass finde ist, dass sie vom Tour-Management (logischerweise) angehalten wurde, diese Infektion zu verschweigen. Diesen Punkt hätte ich persönlich gerne geklärt und ich wüsste auch geren, ob so etwas rechtens ist. Ist ja klar, dass die auf so eine Klausel bestehen: die hatten Angst, das die NoAngels in den Fan-Zahlen einbrechen, dabei wäre das auch eine Chance gewesen. Und was für eine Chance! Man bedenke, was „Queen“ damals für die Akzeptanz von Schwulen und HIV+ Menschen bewirkt hat.

Nadja Benaissa

Nadja Benaissa (Foto: http://www.welt.de)

Sie hat es also für sich behalten. Interessanterweise hat sie vor dem ganzen NoAngels-Kram ihren Partnern davon erzählt. was war also der Grund? Nicht vielleicht auch die Strippenzieher der NoAngels? Und selbst wenn es „nur“ ihre ganz eigene Entscheidung war (die moralisch nicht richtig war, keine Frage), so kann ich sie als Mensch und Frau in unserem heutigen Deutschland total verstehen. Würde ich anders reagieren? Würdest Du anders reagieren? -und lass hierbei mal aussen vor, was ihre Geschichte ist und wie sie sich infiziert hat (doch auch sie ist Opfer, nur kann sie nicht nachprüfen, bei wem sie sich angesteckt hat, erfunden hat sie das Virus jedenfalls nicht…!)

Doch auch klar und nicht neu ist, das HIV/AIDS nach wie vor ein stigmatisierendes Thema ist. Es geht zu oft um „Schuld“, um Intimität, um Sex (wenngleich, die Infektion nicht zwangsläufig so erworben wird)… verbunden damit ist die Scham und der erhobene Zeigefinger der Scheinheiligen, die das dann mit (Gottes) gerechter Vergeltung rechtfertigen.

Doch so billig kann man sich an diesem Thema nicht vorbeischleichen! HIV/AIDS geht jeden etwas an, gerade in der heutigen Zeit.

Das Beispiel Benaissa zeigt, wie es um unsere Gesellschaft steht. Verurteilen, Ausgrenzen, Schuldzuweisungen etc sind immer einfacher, denn dann zeigt der Zeigefinger zu anderen. Und wenn das unsere Haltung ist, wie soll man dann erwarten, dass Menschen (und HIV+e sind Menschen wie Du und ich!) sich freiwillig zur Beute der Hetz-Gesellschaft machen?

Du sagst, sie hat es sich ja selbst eingefangen durch ihren Lebensstil? -stimmt und Du hattest Glück, dass Du ein anderes Leben hattest, das ist alles und das ist NICHT dein Verdienst!

Warum ist es einfacher für uns, zu akzeptieren und mitzufühlen, wenn sich eine Mutter bei einer Blutübertragung angesteckt hat und warum fühlen wir anders, wenn es eine drogensüchtige junge Frau trifft? Ist das nicht selbstgerechtes Pharisäertum?

Mir tut Benaissa leid. Sie ist keine Heilige, keine Frage, sie hatte eine wirre und verkorkste Jugend, mit 14 bereits drogensüchtig, später auf der Strasse gelebt uvm. Habt ihr ne Ahnung, was das heisst? Wisst ihr wieviel mehr Scheiss man da Tag für Tag erlebt? Aber sie hat sich aus dem Dreck gearbeitet, sogar nachdem sie diese niederschmetternde Diagnose erhalten hat, dass sie HIV-positiv ist. Wieviele von uns würden das schaffen? Wäre es nicht einfacher für sie gewesen, sich vollends fallen zu lassen und sich tot zu fixen? da ziehe ich den Hut vor ihr, denn das ist echt ne Leistung!

Sie hat gekämpft und es wurde ihr nicht gedankt, im Gegenteil, sie wurde nackter als nackt vor die ganze Welt gestellt und angeprangert. Ich kann nicht ermessen, wie heftig die letzten Monate für sie gewesen sein müssen und ich hoffe von Herzen, dass sie ihren Weg und ihren Frieden findet. Und der Musik-Typ, dem gehört mal die Fresse poliert.

Sorry, ich käme niemals auf die Idee, denjenigen anzuzeigen, der mich infiziert hat, dieser Gedanke würde mir einfach nie kommen und ich finde das ganz schön krass. Zumal keinem geholfen ist. Ehrlich gesagt, wurde einfach nur mehr Schaden angerichtet.

Und wisst ihr, was sich jetzt breit macht? Ein noch verhängnisvolleres Denken: „Warum soll ich mich testen lassen? -Ich bin besser dran, wenn ich es nicht weiß.“  und sie haben recht. Was die Menschlichkeit angeht, ist jeder besser dran, wenn er nicht weiß, dass er positiv ist, leider.

Traurig, traurig.

Und so spreche ich Benaissa im Herzen Mut zu und verbleibe nachdenklich in Afrika.

Anti-Rassist

25. August 2010 1 Kommentar