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Posts Tagged ‘HIV’

das Drama um HIV lebt auch in Uganda

29. August 2012 Hinterlasse einen Kommentar

stop AIDSDieser Beitrag lag schon einige Zeit als Entwurf, doch schliesslich wird er nun veröffentlich. Ein Nachruf und ein Aufruf zugleich:

Als wir am Freitag (Mitte Juli 2012) aus Karamoja kamen, wurde ich mit der Nachricht empfangen, dass Beatrice wenige Stunden vorher an den Folgen von AIDS gestorben war. Beatrice war nicht nur eine sehr gute Angestellte im Kingfisher, sie war auch Freundin und vor allem eine Kindheitsfreundin von Chandia und Sarah. Doch selbst das ist noch nicht das ganze Drama…

Das Drama ist, dass Beatrice im Rahmen von Kingfisher vor über einem Jahr positiv getestet wurde (anonymer Service einer befreundeten Ärztin), sich aber nie für ein Programm angemeldet hat. Kingfisher unterstützt HIV-positive Angestellte. Zur Zeit sind 2 im Programm und es wird nach ihnen geschaut. KF stellt sicher, dass sie Medikamente bekommen, regelmässig ihren Status prüfen etc.

Doch Beatrice hat sich nicht gemeldet. Anfang des Jahres schliesslich wurde sie krank mit TB. Wir liessen sie einweisen, sorgten für Behandlung und erfuhren, dass sie HIV+ ist. KF drängte auf Medikamente und es wurde gesagt, sie bekäme welche. Wie sich später herausstellte, bekam sie nur Medikamente für TB.

Es werden in Uganda keine HIV-Medikamente „verplempert“, wenn man sich das denn sparen kann. (so sag ich das mal ganz böswillig, dennoch scheint es Fakt zu sein). Der CD4-Count bei ihr lag zum Schluss bereits unter 20 und dennoch bekam sie keine HIV-Medikamente (bei gesunden Menschen liegt die CD4-Anzahl mindestens bei 1000-1500 und nach WHO sollte mittlerweile bei nem Count von 350 mit antiretroviralen Medikamenten begonnen werden!). Nicht so bei Beatrice.

Sie starb an dem Tag als ich aus Karamoja nach Jinja kam. Ihr Vater ist Initiator und Vorsitzender einer Organisation für HIV-Kranke, ihre Mutter ist Oberschwester in einem Krankenhaus. Nun kann der Papa schön viele Gelder/Spenden mit dieser anrührenden Geschichte sammeln, doch Beatrice ist tot. Sie hinterlässt mehrere Kinder, der Jüngste ist noch nicht mal 3.

Die ganzen letzten Monate haben sich die Eltern in keinster Weise um Beatrice gekümmert. Es waren das Hotel, seine Direktoren und die Angestellten, die Essen gekocht, sie gepflegt und gewaschen haben. Von den Verwandten keine Spur.

HIV positiv woman

An HIV positive woman rests in her bed in Kampala, Uganda. Photograph: Marco Di Lauro/Getty Images

So ist Leben und Sterben in Afrika. Ich hätte früher nicht gedacht, dass HIV/AIDS in einem Land wie Uganda noch ein Tabu-Thema ist, doch genau das ist es. Mit einer Infektionsrate von 6-30% (je nach Gesellschaftsschicht) kann es sich dieses Land ganz bestimmt nicht leisten, so mit dieser Krankheit umzugehen!

Nur rund 55% der Erwachsenen, die eine Behandlung bräuchten, erhalten diese. In den letzten 5 Jahren hat sich etwa eine halbe Million Menschen im Land neu infiziert. Bei den Kindern sieht es noch schlimmer aus: nur etwa 26% erhalten die lebenswichtige ART (Quelle: IRIN) und jedes Jahr werden etwa 25.000 Kinder neu infiziert. Die Zahl der Superinfektionen (1,55/100)  ist höher als die der Neuinfektionen (1,15/100). Mehr als 800.000 Menschen sind bereits an den Folgen von AIDS in diesem Land gestorben.

Jedes Jahr werden Medikamente im Wert von hundertausenden von Dollar weggeschmissen, weil sie abgelaufen sind. Doch Beatrice bekam kein einziges dieser Medikamente, das ihr hätte helfen können, ihr Leben zu leben und ihre Kinder gross zu ziehen.

Wann wacht man hier endlich auf?

backlink von „alivenkickn“ zu HIV

2. September 2010 Hinterlasse einen Kommentar

Manch einer mag ja genervt sein, dass HIV/AIDS gerade so oft hier erscheint, aber es ist so verdammt wichtig das Thema heutzutage! Einen Satz möchte ich nochmal wiederholen:

Rund die Hälfte aller HIV-Neuinfektionen in Deutschland (bei rund 3000 Neuifektionen sind das 1500 Menschen), stecken sich bei jemandem an, der selber gar nicht weiß, dass er/sie HIV+ ist!

Hier ein Teil aus einem Post, wer mehr lesen will schaue hier bei alivenkickn nach:

Wir haben es mit Sex zwischen zwei erwachsenen Menschen zu tun, die offenbar nicht viel vom andern wissen, geschweige denn dessen HIV-Status. Jeder von beiden hat also auf Schutz zu bestehen. Wenn der Partner nicht auf einem Kondom besteht, wieso nimmt man an, dass der/die PartnerIn frei von einer sexuell übertragbaren Krankheit, frei von HIV ist? Jeder weiß, HIV sieht man niemandem an. Das gilt für beide. Und weil gleiches für beide gilt, gibt es keine einseitige Schuldzuweisungen. Warum verzichtet man auf ein Kondom? Wieso gibt man die wichtigste Verantwortung im Leben, nämlich die Verantwortung für das eigene Leben, die eigene Gesundheit an jemanden anderen ab? So etwas gibt man nicht ab! Nicht das Wichtigste. Dies ist die Botschaft um die es geht. Jeder ist für seine eigene Gesundheit bis auf ein Restrisiko auf dass man weder einen Einfluss noch Macht hat (Unfall, Naturkatastrophe) selbst verantwortlich.

* * *

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, heisst es im Allgemeinen, im Falle eines positiven HIV-Antikörperstatus jedoch ist es genau anders herum. Die Botschaft, die aus diesem Urteil hervorgeht lautet: Lasse Dich nicht testen, denn wenn du positiv getestet wirst, hast du die Arschkarte gezogen, moralisch, wie juristisch. Wer sich dahingegen – trotz erheblicher Risiken – nicht testen lässt, kann sich bei Weitergabe der HIV-Infektion auf seine/ihre Unwissenheit berufen, eine in jeder Hinsicht ungesunde und traurige Realität. Das ist der eigentliche Skandal nicht nur an diesem Urteil, sondern an der gesamten rechtlichen Situation der Menschen mit HIV/Aids in Deutschland. Wenn das die Reaktion auf unsafen Sex ist, dann möchte ich einmal wissen, mit welcher Strafe jemand belegt wird, der mit einer echten Virusinfluenza in einen Bus niest…. Quelle

HIV und Test und so

27. August 2010 Hinterlasse einen Kommentar

Nachdem nun Nadja Benaissa auf allen Seiten der Zeitungen und im Fernsehen war und sich die Nation über den (un)moralischen Überlegungen spaltet, möchte ich auch von meinen Lesern wissen, wie sie zum Thema HIV und Test stehen. Mehrfach-Nennung (2 mal ticken) möglich, zugelassen zum Abstimmen ist man aber nur einmal. Der Poll ist anonym, auf dieser Seite kann keiner -auch ich nicht- einsehen, was ihr votet. Als was gevotet wird kann man schon sehen, aber man kann nicht sehen, wer was getickt hat (nur zur Richtigstellung) Ihr könnt also ehrlich sein…

.

Zur Information (und das ist alarmierend!): Rund die Hälfte der Neuinfektionen in Deutschland (etwa 1500) werden sich von Menschen zugezogen, die selber nicht wissen, dass sie HIV-positiv sind!

Kategorien:echt ernst, HIV, info, nachdenkliches Schlagwörter: ,

Benaissa+ Privatsache oder Prangerei?

27. August 2010 Hinterlasse einen Kommentar

Ich habe von dem Prozess um Nadja Benaissa ja nur am Rande etwas mit bekommen, aber es macht mich zutiefst betroffen! was wurde hier ein Medienspektakel auf den Rücken einer jungen Frau ausgetragen. ich weiß nicht, man könnte sich fast schämen oder das Kotzen kriegen ob der Sensationsgier der Menschen und Medien.

Nadja Benaissa ist HIV-positiv und hat -laut Gericht erwiesenermassen- einen Sexualpartner mit dem Virus infiziert. Sorry. Das ist traurig, heftig. HIV/AIDS ist schlimm, keine Frage und es bedarf Verantwortung, auch keine Frage. Doch die Verantwortung liegt jawohl auf beiden Seiten. Sie infach auf den positiven Partner abzuwälzen finde ich falsch.

Was ich weiterhin krass finde ist, dass sie vom Tour-Management (logischerweise) angehalten wurde, diese Infektion zu verschweigen. Diesen Punkt hätte ich persönlich gerne geklärt und ich wüsste auch geren, ob so etwas rechtens ist. Ist ja klar, dass die auf so eine Klausel bestehen: die hatten Angst, das die NoAngels in den Fan-Zahlen einbrechen, dabei wäre das auch eine Chance gewesen. Und was für eine Chance! Man bedenke, was „Queen“ damals für die Akzeptanz von Schwulen und HIV+ Menschen bewirkt hat.

Nadja Benaissa

Nadja Benaissa (Foto: http://www.welt.de)

Sie hat es also für sich behalten. Interessanterweise hat sie vor dem ganzen NoAngels-Kram ihren Partnern davon erzählt. was war also der Grund? Nicht vielleicht auch die Strippenzieher der NoAngels? Und selbst wenn es „nur“ ihre ganz eigene Entscheidung war (die moralisch nicht richtig war, keine Frage), so kann ich sie als Mensch und Frau in unserem heutigen Deutschland total verstehen. Würde ich anders reagieren? Würdest Du anders reagieren? -und lass hierbei mal aussen vor, was ihre Geschichte ist und wie sie sich infiziert hat (doch auch sie ist Opfer, nur kann sie nicht nachprüfen, bei wem sie sich angesteckt hat, erfunden hat sie das Virus jedenfalls nicht…!)

Doch auch klar und nicht neu ist, das HIV/AIDS nach wie vor ein stigmatisierendes Thema ist. Es geht zu oft um „Schuld“, um Intimität, um Sex (wenngleich, die Infektion nicht zwangsläufig so erworben wird)… verbunden damit ist die Scham und der erhobene Zeigefinger der Scheinheiligen, die das dann mit (Gottes) gerechter Vergeltung rechtfertigen.

Doch so billig kann man sich an diesem Thema nicht vorbeischleichen! HIV/AIDS geht jeden etwas an, gerade in der heutigen Zeit.

Das Beispiel Benaissa zeigt, wie es um unsere Gesellschaft steht. Verurteilen, Ausgrenzen, Schuldzuweisungen etc sind immer einfacher, denn dann zeigt der Zeigefinger zu anderen. Und wenn das unsere Haltung ist, wie soll man dann erwarten, dass Menschen (und HIV+e sind Menschen wie Du und ich!) sich freiwillig zur Beute der Hetz-Gesellschaft machen?

Du sagst, sie hat es sich ja selbst eingefangen durch ihren Lebensstil? -stimmt und Du hattest Glück, dass Du ein anderes Leben hattest, das ist alles und das ist NICHT dein Verdienst!

Warum ist es einfacher für uns, zu akzeptieren und mitzufühlen, wenn sich eine Mutter bei einer Blutübertragung angesteckt hat und warum fühlen wir anders, wenn es eine drogensüchtige junge Frau trifft? Ist das nicht selbstgerechtes Pharisäertum?

Mir tut Benaissa leid. Sie ist keine Heilige, keine Frage, sie hatte eine wirre und verkorkste Jugend, mit 14 bereits drogensüchtig, später auf der Strasse gelebt uvm. Habt ihr ne Ahnung, was das heisst? Wisst ihr wieviel mehr Scheiss man da Tag für Tag erlebt? Aber sie hat sich aus dem Dreck gearbeitet, sogar nachdem sie diese niederschmetternde Diagnose erhalten hat, dass sie HIV-positiv ist. Wieviele von uns würden das schaffen? Wäre es nicht einfacher für sie gewesen, sich vollends fallen zu lassen und sich tot zu fixen? da ziehe ich den Hut vor ihr, denn das ist echt ne Leistung!

Sie hat gekämpft und es wurde ihr nicht gedankt, im Gegenteil, sie wurde nackter als nackt vor die ganze Welt gestellt und angeprangert. Ich kann nicht ermessen, wie heftig die letzten Monate für sie gewesen sein müssen und ich hoffe von Herzen, dass sie ihren Weg und ihren Frieden findet. Und der Musik-Typ, dem gehört mal die Fresse poliert.

Sorry, ich käme niemals auf die Idee, denjenigen anzuzeigen, der mich infiziert hat, dieser Gedanke würde mir einfach nie kommen und ich finde das ganz schön krass. Zumal keinem geholfen ist. Ehrlich gesagt, wurde einfach nur mehr Schaden angerichtet.

Und wisst ihr, was sich jetzt breit macht? Ein noch verhängnisvolleres Denken: „Warum soll ich mich testen lassen? -Ich bin besser dran, wenn ich es nicht weiß.“  und sie haben recht. Was die Menschlichkeit angeht, ist jeder besser dran, wenn er nicht weiß, dass er positiv ist, leider.

Traurig, traurig.

Und so spreche ich Benaissa im Herzen Mut zu und verbleibe nachdenklich in Afrika.

Menschenrechte und Homosexualität in Uganda

28. Februar 2010 1 Kommentar

Menschenrechte im Allgemeinen sind in diesen Ländern schon eine sehr kritische Sache. Rechte haben die Reichen und Mächtigen, der Rest eher nicht. Doch zur Zeit Ist Uganda auf dem Weg, nicht nur Hetze gegen Homosexuelle und Bisexuelle zu fördern, sondern direkt zu fordern. Ich hatte hier schon einmal darüber berichtet und tue es wieder. „Anti-Homosexuality-Bill-2009“ heißt der Gesetzesentwurf. Hier könnt ihn als .pdf nachlesen, ich habe die krassesten Stellen markiert: anti-homosexuality-bill-2009 commented

In diesem Gesetzes-Entwurf wird z.B. Folgendes gefordert:

  1. Wenn eine Person eine andere Person jemand berührt, mit der Intention, später Sex mit ihm/ihr zu haben, so soll sie zu lebenslanger Haft verurteilt werden (partII, 2.1.e)-> wer urteilt, was die Intention hinter einer Berührung ist??? Zumal wir in einem Land leben, in dem es normal ist, dass Männer Händchen halten, wenn sie gute Freunde sind?
  2. Ist die Person, die sex. Verkehr mit einem gleichgeschlechtlichen Partner hat auch noch HIV-postiv, so steht die Todesstrafe darauf (part 3.2) -> in einem Land dessen HIV-Rate zwischen 6 und 30% liegt, je nach Gegend und Stellung (die Army führt mit 30%) ist das geradezu verrückt. Und was ist mit „normalen“ HIV-positiven Menschen? Sind das die nächsten? Soll so die Krankheit ausgerottet werden???
  3. Wer Organisationen unterstützt, die für die Rechte von Homosexuellen eintritt, oder über Medien dies propagiert, wird mit 5-7 Jahren Haft bestraft. (partII, 13.1b und d, sowie 13.2)
  4. Dasselbe gilt auch wenn man mit ihnen redet, ihnen  hilft oder psychologische Unterstützung gibt: 7 Jahre Knast! (partII, 7) das gilt dann wohl auch für Angehörige!  -> das fordert geradezu zur Denunziation auf !!!
  5. Wer als Person mit religiösem, politischem, wirtschaftlichem oder gesellschaftlichem Einfluss von homosexuellen Aktivitäten weiß und diese nicht innerhalb von 24Std meldet, kann mit Haft bis 3 Jahren bestraft werden (partII, 1.14)
  6. wer  Besitz vermietet oder auch nur verwaltet, wissend, dass Menschen mit homosexueller Orientierung darin leben, wird mit 5 Jahren Haft bestraft (erneute Ähnlichkeit mit Deutschland in den 30er/40er Jahren)
  7. das gilt auch für Ausländer, die hier leben und arbeiten (residental status) (part IV, 16 a)
  8. Das gilt auch für Ugander und residental Ausländer, die Homosexualität außerhalb Ugandas leben (partIV, 16 a) -> Hallo? Ein hier angestellter Engländer, der in seinem Heimatland mit seinem Freund schläft, kann dafür in Uganda ins Gefängnis???

Leute, versteht mich nicht falsch: ich propagiere nicht Homosexualität (ich würde mich wohl auch hüten, dass in diesem Land zu tun), aber ich verwehre mich gegen diskriminierende Gesetze wie in Deutschland vor 80 Jahren! Wie ist so etwas möglich???

Man mag es tolerieren, leben, ablehnen oder was auch immer, aber kann man den Tod fordern? Oder fordern, dass eine Schwester ihren Bruder anzeigt? Oder jemanden ins Gefängnis werfen, weil er ein Haus verwaltet, in dem ein Schwuler lebt?

Außerdem gehört unser Haushalt auch zu den gefährdeten: Hier leben nur Frauen und Kinder, kein einziger Mann und dumme Gerüchte und Sprüche gibt es schon seit Langem genug. Man stelle sich vor, unsere Angestellten oder sonst jemand, der ein Problem mit einem von uns hat, wiegelt noch 2 mehr Leute auf und denunziert und als „Lesben“ -was sollten wir tun können???

Hier noch einmal der Aufruf zur Unterstützung der Petition gegen diesen absurden, menschenrechtsverletzenden und Willkür fördernden Gesetzesentwurf, unterstützt und gefördert von Avaaz.org .  Hier nochmal ein Auszug:

An Präsident Museveni von Uganda, die Gutachterkommission und Geberländer:
Wir stehen Seite an Seite mit den Bürgern in Uganda, die ihre Regierung zum Rückzug des Anti-Homosexuellen-Gesetzes auffordern und die in der ugandischen Verfassung verankerten universellen Menschenrechte zu schützen. Wir fordern Politiker in Uganda und Geberländern dazu auf, sich uns in der Ablehnung der Verfolgung anzuschließen und die Werte der Gerechtigkeit und Toleranz zu verteidigen

Hier noch ein paar Weblinks zum Thema:

spiegel.online , africa.files , derstandard.at

der einsamen Kämpferin gewidmet

27. Februar 2010 1 Kommentar

Immer mal wieder erreichen einen Mails von Menschen aus vergang’nen Zeiten. Und gerade in diesem neuen Jahr haben sich schon 3 verschollene Freundinnen/Bekannte aus alten Zeiten bei mir gemeldet (es lebe facebook und das Internet i.A.) Manche Mails sind schön, manche traurig und nachdenklich stimmend. Die Mails dieser Freundin stimmte mich mal wieder nachdenklich. Eine Frau, die so Eingies erlebt und mitgemacht hat und immer wieder gegen ignorante Menschenköpfe stösst. Wie weit ist es her mit unserem Mitgefühl und unserer Achtung für Menschen, die in der Sch***e steckten und sich raus strampeln? Und wie schnell setzt unser plattes Aburteilen ein, nach dem Motto: „Selber schuld!“?  Und woher nehmen wir das Recht, zu urteilen?

Hier ein paar Auszüge (mit Genehmigung unter Anonymität):

„[…] Manchmal frage ich mich, warum ich mich aus diesem ganzen Schlamassel raus gekämpft habe. Kaum jemand kann nachvollziehen, was es heisst, von der Strasse zu kommen, hundertfach misshandelt worden zu sein, schon von jungen Jahren an. Wenn man diesen ganzen Mist nicht mehr aushalten kann, bleibt einem nur, sich weg zu machen oder zu zu knallen. Und dann? Der beschissene Kreislauf um Drogen, Sex und Gewalt hat ja doch kein Ende, aber man kriegt es wenigstens nur noch ab und zu mit. […] Irgendwann, nach Tausend Versuchen und Fehlschlägen packt man es. Harte Jahre folgen. […] Scheiße man, das war echt ne scheißharte Zeit und die ganzen Weicheier mit ihren pseudo-Problemen gehen mir echt auf die Nerven. Die sollen einfach mal die Klappe halten und den Arsch zusammen kneifen! […] Echt man, und dann jammern sie rum wegen jedem Scheiß!!!

[…]Die Menschen um mich rum, selbst die, die mich zu kennen glauben, bekommen davon nichts mit. Miriam, manchmal fühle ich mich so scheiß einsam auf dieser Welt. Diese Welt ist so hart und grausam und ungerecht und ignorant und kalt und oft genug wünsche ich mich zurück, nur für einen Tag oder zwei, einfach mal wieder zuknallen.[…]

[…] Ja, ich habe es geschafft, ich bin sauber, habe sogar studiert und einen anerkannten Beruf. Viele sind auf der Strecke geblieben! Ich bin immer noch nicht eine „ganz normale“ Frau, ich bin nach wie vor eigen und verrückt, gehe auf Parties, versage in Männerfragen, trinke mein Beck’s. Ich verdiene nicht schlecht und sehe ganz fit aus, keiner sieht mir meine Vergangenheit hat und was meinen Immunstatus angeht, bin ich auch im grünen Bereich. […] und doch ekelt es mich manchmal an, als wenn ich mich nun nicht mehr an Männer verkaufen würde, dafür aber an den Staat und die Gesellschaft. Ist das das Leben? Macht das denn Sinn??? Ich rede schon lange nicht mehr über meine Vergangenheit. Die Menschen bekamen so einen komischen Blick. Mitleidig und angeekelt, entsetzt und fasziniert, als wenn ich ein Teil einer Freakshow wäre. Nein, das habe ich schon lange aufgegeben, doch es macht mich nur noch einsamer.  Weißt Du was ich meine? Was machst Du, wenn die Vergangenheit mal wieder ganz brachial über Dich herein bricht? […] ich weiß überhaupt nicht mehr, wer ich bin und wofür ich lebe.[…]

Nun ist Meike* ne echt fitte Frau und keiner käme auf die Idee, so eine  Vergangenheit (inclusive den Folgeschäden wie HepC und HIV, was für sich genommen auch schon heftig genug ist, sich damit zu arrangieren!)  bei ihr zu vermuten. Und doch, die Narben und Verletzungen der Seele sind zwar nicht sichtbar, aber für sie immer noch real und spürbar. Und was glaubt ihr: braucht so jemand Moralpredigten? Braucht so jemand noch mehr ignorante Menschen?

Leute, wir wissen nie, was der Mensch, der uns gegenüber steht durchgemacht hat, was ihn bewegt und geprägt und verletzt hat und zu dem Menschen werden lassen, der er/sie jetzt ist.

Es gibt diesem Spruch (Keine Ahnung von wem der ist): „Wenn jeder alles vom Anderen wüsste, es würde jeder gerne verzeihen“  Ich würde den ausweiten: „Wenn jeder alles vom Anderen wüsste, würden wir behutsamer miteinander umgehen“ und ich möchte glauben, dass es wahr ist, auch wenn mich auch meine Erfahrung gelehrt hat, dass Menschen gerne in die Wunden anderer hauen oder eben doch nicht damit umgehen können, wenn man sich offenbart.

Aber ich zähle mich selbst zu den Menschen, die an das Gute glauben, die sich immer wieder auf den Weg machen, neu Hoffnung und Zuversicht zu finden. Mein Gott verlässt mich nicht. Das ist es, was am Ende zählt für mich.

Ich weiß, Meike wird diese Krise durch stehen, aber ich weiß auch, wie hart es sein kann, einsam auf der Welt zu sein. Und eines kann ich Euch sagen: manchmal brauchen Menschen einen Freund, bei dem sie sich einfach anlehnen können. Jemanden, der nichts groß sagt (denn da gibt es nicht viel zu sagen), sondern einfach da ist und einen festhält…

*Name geändert

Diese Mail hat mich an ein Gedicht denken lassen, das vor viele Jahren zu meinen Lieblingsgedichten zählte. Entsprechend meiner damaligen Verfassung waren meine Favoriten Schriftsteller der schwarzen Romantik, ganz oben natürlich Baudelaire.

"die Zerstörung"

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Schwul-sein Deutschland

22. Februar 2010 Hinterlasse einen Kommentar

"schwules Paar"Als Gegenstück zu meinem Post über die Todesstrafe für Schwule in Uganda heute nun ein Artikel, wie es in Deutschland um Schwulen, HIV und Toleranz steht. Da ist es so, dass in der Fernsehstaffel „Big Brother“ zur Zeit 2 posit(h)ive Schwule leben. Toleranz gegenüber Schwul-Sein und/oder HIV  wird hier gefördert, in diesem Fall sogar von RTL2, denn der Sender produzierte zusammen mit der DAH (deutsche AIDS Hilfe) einen Entstigmatisierungs-Spot, der seit Anfang Februar im Fernsehen zu sehen ist…

Bleibt mir nur, meine Leser zu animieren, sich mal wieder mit dem Thema HIV, Schwul-Sein, Toleranz und der ganz persönlichen Einstellung dazu aus einander zu setzen.

Dabei möchte ich noch für meine christlichen Leser anmerken, dass Jesus meins Wissens nach niemals den Menschen selbst verurteilt hat. Man denke an die Hure Maria, den Zöllner und so so manch andere. Bitte, liebe Christen, macht nicht den Fehler, zu urteilen, dazu ist keiner ausser Gott gesetzt! Ich sage nicht, dass man als Christ alles gut heissen soll, aber es besteht bei manchen Themen eine „pharisäische Gefahr“!

[Quelle: hivnachrichten.de]

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