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Posts Tagged ‘afrikanisch’

heute abend auf der Terrasse

20. Oktober 2011 2 Kommentare

ein alter Blog-Eintrag. hab nämlich gerade mal selber gestöbert…. also, hier der Eintrag vom 25. September 2010:

“ B. (Angestellte bei uns im Hotel und eine der wenigen Frauen in Leitungsposition) ist neidisch, dass, wir 3 Frauen hier abends so nett draussen sitzen, Bier und GinTonic trinken, über Männer und andere Fehlschläge quatschen und Spass haben“

„Soll sie doch mal abend rum kommen! A prospros: wo ist denn eigentlich der Vater zum Sohn?“

„Der vom ältesten ist tot. Den hat ihr Vater erschossen. Und der Vater vom Jüngsten ist auch nicht da -hat Angst vorm Vater!“

Hmm, ja, klar, ginge mir auch so… Ist schon ein komisches Land. ich kenne mittlerweile so manchen Menschen, der ganz direkt von Mord und Totschlag betroffen ist . Und stellt Euch vor: die gehen alle nicht zum Psychiater, nehmen keine Anti-Depressiva, machen keine stationäre Therapie oder sind mit post-traumatischem Belastungssyndrom krank geschrieben… Nein. Diese Menschen leben ihr Leben, sie jammern nicht, sie schauen nach vorne! -das liebe ich an diesem Land und seinen Menschen sehr! Da können wir soviel lernen, wir ach-so-schlauen Weißen mit unserer nicht zu leugnenden Arroganz und Wichtigtuerei…

Kategorien:alltag, nachdenkliches, Uganda Schlagwörter: ,

Erwähnte ich bereits…

15. Oktober 2011 Hinterlasse einen Kommentar

Auf arbeitsreicher Research-Tour (Ende August ’11)

6. Oktober 2011 Hinterlasse einen Kommentar

Jean ist unsere Ethno-Veternärin, hat sich bereits seit Jahren einen Namen gemacht als Spezialistin für „einheimische Naturheilkunde im tiermedizinischen Bereich“ in Karamoja, so sag ich das mal. Daher wird sie immer wieder auf Konferenzen eingeladen, in Asien, Europa, Afrika und in den Staaten, überall sie ist gefragt. Und so stand für diesen Monat eine Konferenz in Äthiopien an (ist gerade zu Ende gegangen).

Ja, und im Zuge dessen haben wir uns zusammen auf Research-Tour gemacht. Ich war mehr oder weniger die Frau für alles:

Fahrer, Koch, Babysitter, Kaffee-Kocher, Fotograf, Lektor, Designer, Tippse uvm

Es hat Riesenspass gemacht, wenngleich so manche Nacht überhaupt nicht zu Ende ging, weil wir unter Zeitdruck durch gearbeitet haben. Themen waren zum einen „Hungerfoods“ (was essen die Menschen, um in Dürrezeiten zu überleben) und linguistische Beweise für Klimawandel. Wir interviewten und erforschten in den Wochen 8 der 11 Stämme in Karamoja, hatten interessante Gespräche (wobei ich ja nicht so viel verstehe, mein Ngakarimojong ist sehr limitiert im Gegensatz zu Jean’s) verschiedene und tolle Erlebnisse.

Eine der eindrücklichsten Nächte war die, die wir im grössten Craal im land der Jie verbrachten.

Die Jie sind der verschrieenste Stamm, da sie als brutal und kriegerisch gelten. Die Gegend ist sehr karg und befindet sich in der Mitte Karamoja’s im Kotido-District. Ein Craal ist ein rieseiger Freiluft-Stall. Bis zu 150.000 Tier kann so ein Craal fassen. Sie alle gehören natürlich unterschiedlichen Familien und so gibt es hunderte Sektionen, abgetrennt durch Dornen. Es ist die Aufgabe der Jungen und Männer. Sie sind verantwortlich für Rinder, Schafe, Ziegen und Esel. Jeden Abend kommen diese zigtausende von Tieren in den Craal und jeden morgen ziehen sie wieder auf Weideland.

Diese Zusammenschlüsse gibt es, um den Raubzügen der anderen Stämme vorzubeugen, denn hier sind mehr Männer und auch Armee (Gewehre!) zur Verteidigung da.

Durch Zufall stiessen wir auf diesen Craal, der erst seit 2 Monaten existiert (sie sind temporär). Wir stoppten, redeten mit den Männern, da hier auch viele Aktivitäten zu sehen sind und wir sie interviewen wollten. Wir waren alle so begeistert, dass wir beschlossen, auf dem Rückweg hier zu übernachten, was wir auch taten.

Mitten im Nirgendwo sassen wir mit den Ältesten abends am Feuer, lernten über Pflanzen, Gebräuche, über Sprache und ihr Leben. Wir bauten unsere Zelte  zwischen den Rindern und Eseln auf und hatten einen eindrücklichen Abend mit frisch gemolkener Milch (beim zweiten Besuch war diese dann mit frischem Blut gemischt *lach*)

Hier ein paar Eindrücke:

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Wenn ich könnte und wir die Möglichkeit hätten, dann würde ich gerne öfter auf Research-Tour gehen. Es ist einfach total spannend, so mittendrin zu sein, Gemeinschaft zu haben und von den K’jong zu lernen.

Kara-mud-ja -Teil1

6. September 2011 4 Kommentare

Wow, was waren das für wahnsinnsereignisreiche Wochen! Ich könnte den Rest des Tages schreiben und dabei habe ich doch eigentlich gar keine Zeit, da ich in den Vorbereitungen für meinen Deutschland-Tripp bin (Poster und Flyers machen, Termine koordinieren, Pressetext schreiben uvm.)

Lasst mich die Höhepunkte stichwortartig zusammen fassen und vielleicht ein paar Bilder dazu hochladen:

1. vorübergehender Team-Zuwachs:

„thatmarissagirl“ 21 Jahre aus dem Staate California und Summer Root, ebenfalls aus den Staaten doch bereits 30 Jahre alt, sind Anfang des Monats zu uns gestossen. Marissa ist angehende Tierärztin (so ganz steige ich nicht durch das Studiensystem der Staaten, aber irgendwas ist sie am studieren und weiteres kommt noch) und Summer ist „rumstreunende“ Missionarin und Grundschullehrerin (war auf annähernd tausend Kontinenten und ebensovielen Ländern, so scheint es jedenfalls)

Beide sind am Überlegen, ob sie zu uns stossen wollen und so holte ich die beiden Anfang des Monats vom Flughafen ab. Tolle Mädels, die uns ganz viel Lachen und leckere Gerichte bereiten. Wir hatten Spass in der hauptstadt und auch auf der Busfahrt nach Mbale, wo uns Tom erwartete (nachdem wir einen Disput mit einem Besoffenen hatte, der damit endete, dass ich einen zerbrochenen Tontopf ersteigerte, damit wir unsere Ruhe haben). In diesem Zusammenhang kommt der nächste Punkt:

2. Kara-MUD-ja

So nennen wir hier mehr oder weniger scherzhaft Karamoja zur Zeit. Der Landstrich, der für Dürre und Hunger bekannt ist, wird seit Monaten von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht, die schon viele Menschenleben gekostet haben (Unfälle auf den Strassen, Erdrutsche etc.) Und so passierte es, dass unsere Fahrt nach Nabilatuk, die in der Trockenzeit etwa 5 Stunden dauert, dann 2 Tage dauerte….

Karamoja ist immer wieder für Tage völlig abgeschnitten, da Brücken permanent überflutet sind, Jeeps und Trucks werden einfach mitgerissen von den Fluten. Die Erde tut sich auf den Strassen auf und unter Oberfläche des Wasser wartet plötzlich ein 1m tiefer Krater, der einen Jeep verschlucken kann (insbesondere wenn das Wasser bereits hüfthoch ist….)

Die Konsistenz der Erde ist unheimlich lehmhaltig, und das bedeutet, es ist alles eine einzige Schmierseifen-Sosse, in der es immer wieder nahezu unmöglich ist, den Wagen zu kontrollieren, trotz Allrad-Antrieb und das bringt mich zum nächsten Punkt:

3. „noone screamed“

ein weiterer Slogan zur Zeit, der sich aus folgender Begebenheit ergab: Wir waren auf der besagten Fahrt nach Nabilatuk als sich plötzlich folgende Bilder boten:

Es war kein Durchkommen, weder rechts noch links, die ganzen Trucks waren in metertiefen Kratern und knietiefem Matsch versunken. So fuhren wir 2 Stunden zurück und übernachteten an den Sipi Falls (auch nicht schlecht, doch leider war das eine weitere nacht ohne Dusche. Das Hotel vorher, in KLA, der Hauptstadt, hatte leider ein Wasserproblem gehabt).

Am nächsten Tag hörten wir uns um. Fazit: die Strassen waren weiterhin unpassierbar. Gut, Wir wollten es über die Berge versuchen. haben wir auch gemacht. Doch wir hätten es wohl nicht getan, hätten wir gewusst, was uns erwarten würde.

Nebel mit Sicht unter 10m, Gefälle von 100% (also über 45°) dazu lehmiger Matsch auf felsigem Trampelpfad. Es kam, wie es kommen musste: in Zeitlupentempo drehte sich der Wagen bei der Fahrt hinunter, trotz empfindlichstem Geländegang rutschte der Wagen immer näher an den mehrere hundert Meter tiefen Abhang, blieb schliesslich knappe 40cm vor der Kante quer stehen.

Ich glaube alle haben nur die Luft angehalten und ihr letztes Gebet gesprochen, doch keiner hat geschrieen!

Gut, alle Mann raus, mir Rückmeldung gegeben, wie es seitlich und hinter uns aussah und ich habe den Wagen wieder in Spur gebracht. 2 Stunden Zitterpartie. Und das Ergebnis war Folgendes:

…. wir kamen VOR der Matschstelle wieder raus. Es hat und also nicht dorthin gebracht, wo es sollte. Wobei, an diesem Tag war selbst die Strecke VOR dieser Stelle unpassierbar und immerhin hatten wir die umfahren….

Gut, diesmal haben wir es gewagt, denn es gab kein Zurück und mithilfe von ein paar jungen Männern, die eine Strasse gebuddelt hatten, kamen wir hier dann vorbei, doch nur wenige hundert Meter später sah es so aus:

Auch diese Stelle schafften wir, wenngleich wir durch das Grün ganz links fahren mussten. Doch bereits direkt hinter dieser Passage sah es dann schliesslich so aus:

Wir sassen nun also ebenfalls fest. Doch Hilfe ist nah: Wenn es solche Stellen auf den Strassen gibt, entwickelt sich sofort ein „Business“ von „hilfsbereiten“ Menschen, die einem für ein paar tausend Shilling wieder raus helfen. In diesem Fall kostete es uns umgerechnet 15€ (ne Menge Geld hier) und es sah so aus:

Ja, und wirt haben es hier auch dann raus geschafft. Den Rest der Fahrt, die bis in die Nacht dauerte, fuhren wir im Schneckentempo auf Schmierseife nach Hause. Es erwarteten uns noch mehrere überflutete Brücken und Strassen, doch wir kamen heil an… -und keiner hat geschrieen!

Soviel für jetzt. Ich lade ein paar weitere Posts hoch, die sich nach und nach selber frei schalten werden….

Wieso wir seit Tagen kein Wasser haben…

Dieses Jahr hören die verrückten Nachrichten einfach nicht auf!

Nicht genug, dass die Inflationsrate in Uganda bei annähernd 10% in allen Dingen liegt und die Preise in den leztzten 4 Jahren um 100% gestiegen sind.

Nicht genug, dass ein durchschnittlicher Arbeiter sich nur noch 2l Benzin für seinen gesamten Tageslohn kaufen kann.

Nicht genug, das zusätzlich zur global bedingten Inflation, die Preise noch in Höhe getrieben wurden, um die Kosten der Präsidentschaftswahlen zu begleichen (Uganda war bankrott danach!)

Nicht genug, dass das Internet und der Mobilfunk immer wieder von staatlicher Seite eingeschränkt wurde, um die Mobilisierung von Demonstranten zu unterbinden, die dagegen demonstrierten.

Nicht genug, dass immer wieder die Todesstrafe für Homosexuelle auf den Tisch kommt.

Nicht genug, dass der Strom nur noch 12 Stunden am Tag da war, da Uganda dem einzigen Stromanbieter so viel Geld schuldet

Nicht genug, dass sogar die Flugzeuge auf dem Flughafen still stehen, weil wir fuel shortage haben und sie in Kenya auftanken müssen.

Nicht genug, dass wir hier in Ostafrika die grösste Hungerskatastrophe seit 50 Jahren haben

Nein, das alles ist nicht genug.

Nun gibt es auch nur noch nachts Wasser, da der Dieselkraftstoff, der die Pumpen der Wasserwerke betätigt, so teuer geworden ist, dass sich das die staatliche Wasserwerke nicht mehr leisten können.

Pech ist, dass der Druck in den Leitung dadurch so gering ist, dass nur Standleitungen und unterirdische Tanks befüllt werden. Unser Tank steht hoch und auch Bukaya selbst liegt erhöht, folglich füllt sich unser Tank überhaupt nicht, wir haben nun 25 Wasserkanister hier rumstehen, denn bei so einem Riesen-Haushalt (10+ Personen) und vielen Kindern läuft so einiges an Wasser….

In Karamoja habe ich wenigstens ne Pumpe auf dem Grundstück doch nun wird es echt zum Kraftakt, das Wasser her zu holen…..

mal ein paar Hintergründe zu Land und Leuten #1

Karamoja ist der unberührtesten und unterentwickelste Teil des Landes hier in Uganda. Auf rund 29,000 km2 leben etwa 1 Mio Karamojong mit gut einer halben Mio Rinder (Ziegen und Schafe nicht mitgerechnet).

Die K’jong sind ein stolzes, unabhängiges Volk mit einer erstaunlich gut druchdachten Organisation ihrer „Gesellschaft“. Ihr System von Familien, Clans und Ältesten, Frauen und Männern scheint demokratischer als in der westlichsten Demokratie. Letztendlich wird fast jede Familie irgendwo repräsentiert. Es gibt feste Rangordnungen, festgelegt durch Geburt und Abstammung und auch Wahl und Initiation. Es gibt eine klare Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen, das ist wohl wahr, doch ist die Frau hier nicht die untertänige, hörige Ehefrau. Vielmehr ist sie selbst verantwortlich und ihre Stimme zählt nicht weniger als die des Mannes.

Traditionell sind die Männer für das Vieh und alles, was damit zusammen hängt, zuständig. Die Frauen dagegen für das Heim, die Kinder, das Land. Viele Monate im Jahr sind die Frauen unter sich, allein mit den Kindern, da die Männer mit dem Vieh durchs Land ziehen, um Wasser und Weideland zu finden.

Es sind die Frauen, die die Hütten bauen und die Felder bestellen und sieht man diese Frauen zusammen arbeiten, so strahlen sie Stolz, Kraft und Zusammenhalt aus.

Die Kinder haben ihre Aufgaben, manche gehen wohl in die lokalen kleinen Schulen, oftmals ist der „Klassenraum“ nur eine Lehmhütten oder ein Unterstand, der gegen die brütende Sonne schützt.

Die Kinder, die nicht in die Schule gehen, helfen. Sie gehen Wasser holen und selbst zehnjährige tragen bereits 20 Liter auf dem Kopf. Die kleineren Jungs, kaum 4 Jahre alt, gehen mit den Kälbern oder Ziegen raus in die Einöde, um sie zum Grasen zu führen, die größeren Jungs sind für die erwachsenen Tiere zuständig.

Die Weidegründe sind geregelt und jeder weiß, wohin er zu gehen hat. Die Jungtiere werden relativ früh von den Muttertieren getrennt, damit sie nicht die ganze Milch trinken und die Karamojong auch Milch haben. Doch damit sie trotzdem einigermassen gut wachsen, werden bestimmte gute Weidegründe für die Jungtiere aufgehoben.

Vieh wird hier nicht gezählt und es wäre ein Affront nach der Anzahl zu fragen. Es ist wohl ähnlich wie in einer Familie: Eine Mutter muss ihre Kinder nicht zählen, sie kennt sie bei Aussehen, Charakter und Namen und weiß wann eines fehlt.

So ist es auch hier:

die Tiere haben alle Namen und jeder kennt seine Tiere. Sie werden nach Aussehen, Hörnerstellung oder auch Charakterzügen benannt, z.B. die Kuh mit den grau gefleckten Beinen, die Kuh, deren rechtes Horn zum Boden zeigt, die Kuh, die immer in Eile trinkt…

Kategorien:afrika, alltag, info, Karamoja, Uganda Schlagwörter: , , ,

ethnovetenerian missionaries in Karamoja, Uganda

27. April 2011 2 Kommentare